Vor vier Jahren hat der Geislinger Tennisverein sein Jugendkonzept neu ausgerichtet. Und erntet nun die ersten Früchte dieser Arbeit.
Eigentlich könnte sich Thomas Dürr, stellvertretender Vorsitzender des Geislinger Tennisvereins, am Ende des Tages zufrieden zurücklehnen und sich des Lebens freuen: Seit einigen Jahren pushen er und Jugendwartin Verena Hommel die Nachwuchsarbeit, nimmt der Verein richtig Geld in die Hand, um die nächste Generation heranzuziehen, um den TV fit für die Zukunft zu machen.
Und nun, in diesem Sommer, hat der Klub aus dem Eybacher Tal reiche Ernte eingefahren. Die Mädchen sind Meister der Kreisstaffel 1, der Tennisverein hat erstmals eine U 10 und eine U 12 auf die Courts geschickt, „den Kleinen hat das so viel Spaß gemacht, dass sie gefragt haben, ob sie wieder spielen können“, sagt Hommel. Außerdem wurde das Nachwuchstalent Carla Dürr U 9-Bezirksmeisterin. Außerdem starten auch in der beginnenden Hallensaison ebenfalls drei Nachwuchsteams bei den Knaben, Mädchen und Junioren.
Die Krönung des Ganzen ist der Aufstieg der Herren in die Bezirksoberliga. „In dieser Mannschaft hatte Trainer Peter Liptak regelmäßig drei Jugendspieler im Einsatz“, sagt Dürr, „man kann schon sagen, dass unsere konsequente Jugendförderung allmählich durchschlägt“.
Doch er und Hommel wollen sich nicht auf diesen Lorbeeren ausruhen. Von den 330 Mitgliedern des Vereins sind zwar gut 70 Kinder und Jugendliche, macht also eine Nachwuchsquote von 21 Prozent. Danach würden sich manch andere Vereine die Finger lecken. Doch Dürr sieht das lediglich als gute Ausgangsbasis für die Leistungssparte, „die breite Masse, um beispielsweise eine zweite Mannschaft aufzumachen, ist nicht vorhanden“.
Kurzum: Es sind ständig Ideen gefragt, um Kinder und Jugendliche für Tennis zu begeistern. Was man getrost als Herkulesaufgabe bezeichnen darf, schaut man sich deutschlandweit die Entwicklung bei den Mitgliederzahlen an: Seit 1994, als beim Deutschen Tennis-Bund (DTB) knapp 2,3 Millionen Mitglieder und damit so viel wie nie zuvor gemeldet waren, ist die Zahl seither um 900 000 zurückgangen. Damit einher geht, dass die Vereine immer mehr überaltern. „Wir müssen also ständig was tun“, sagt Dürr, „wobei die Aufgabe in Geislingen, einer leider schrumpfenden Stadt, noch einmal schwieriger ist“.
Credo bei der Nachwuchsarbeit ist und bleibt: Tennis muss Spaß machen. Und: Die Förderung muss durchgängig sein. Für die Einsteiger – Kids und Jugendliche im Alter von vier bis 16 Jahre – bietet der Klub ganzjährig das Schnupper-Training an, einmal wöchentlich. Zwei Stunden sind frei, danach zahlen Nichtmitglieder 40 Euro pro Halbjahr. Die Kinder sollen dabei spielerisch an den Sport herangeführt werden, die Rackets stellt der Verein.
Wem das auf Dauer zu wenig ist, kann in den Leistungssport überwechseln, gut zehn Nachwuchsleute zieht der TV pro Jahr aus dem Kindertennis herüber. Keine schlechte Quote bei 40 bis 50 gemeldeten Kindern. In besagtem Leistungsbereich geht der Klub inzwischen in die Vollen, das Ganze basiert auf drei Säulen. Zu den etablierten Angeboten, den Tenniscamps im Frühjahr und Sommer sowie dem Gruppentraining, bei dem der TV die Hälfte der Platzkosten trägt, ist zwischenzeitlich noch das wöchentliche Teamtraining in der Wintersaison gekommen. Samstags sind die U 10 und U 12 dran, montags die Jugend- und Juniorenteams. Der Verein übernimmt sämtliche Kosten für Coach und Court, in der Summe mehrere tausend Euro, blockt zudem den Platz für die Einheiten. Dürr: „Damit haben wir eine durchgängige Förderung – von unten nach oben und über das ganze Jahr.“
Die noch einmal engmaschiger ist, nimmt man die Kooperation mit dem Geislinger Kinderhaus am Tegelberg hinzu. Gut ein Dutzend Kinder kommen einmal die Woche in die TV-Halle, im Vordergrund stehen die Motorikschulung der Kleinen mit spielerischen Übungen sowie die Ballschule. „Unter motorischen Fähigkeiten versteht man Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Koordination und Beweglichkeit“, erklärt Hommel, „damit werden also Grundlagen gelegt, die man für jede Form von Sport braucht. Damit wird aber auch die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten angestoßen“. Das ist die Leistung des Gehirns, Informationen und Sinnesreize zu Wissen zu verarbeiten. Hierzu zählen unter anderem Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Erinnerung, Lernen oder Kreativität. „Ein Beispiel: Beim Tennis wird besonders die Hand-Auge-Koordination geschult, also die Fähigkeit, zielgerichtet Aktionen auszuführen, für welche man Augen und Hände gleichzeitig braucht – also letztendlich auch das Schreiben“, erklärt Hommel.
Für den TV ist damit aber noch nicht Schluss, als nächste Aufgabe haben sich Dürr und Hommel gesetzt, verstärkt ganze Familien anzusprechen und für den Verein zu gewinnen, „die breite Masse ist wichtig“, betont Dürr. „Fakt ist: Wir haben eine hervorragende Infrastruktur mit Freiplätzen und Tennishalle. Beide haben ein Vereinsheim. Und wir haben viele Eltern, die ihre Kinder zum Tennis bringen und wieder abholen, aber noch nie einen Tennisschläger in der Hand hatten“, erzählt Hommel, „da ist es naheliegend, dass wir für die Eltern beispielsweise Tennisstunden anbieten, damit stärken wir zugleich den Breitensport“. Vorbild ist der bereits existierende Tennistreff für Erwachsene.
Eine andere Idee: Ganz losgelöst vom Tennis ein Treff in den Klubheimen für die Eltern und Kinder, „zum Vereinsleben gehört ja nicht nur der Sport, sondern auch das Miteinander, das die Bindung zum Verein stärkt“, sagt Dürr, „das entsteht aber nicht einfach so, da muss man als Verein eben auch etwas anbieten“. Außerdem, so ist Hommel überzeugt, „würde es uns das erleichtern, ehrenamtliche Helfer zu finden, was dann wieder unserer Jugendarbeit zugute kommt“.
erschienen in der Geislinger Zeitung am 06.10.2017